„Schatz, da ist gerade ein Einschreibebrief an dich gekommen.“ Sabrina, eine bildhübsche Frau betrat das Büro ihres Mannes und wedelte mit einem Brief in der Hand.
„Wer schickt mir einen eingeschriebenen Brief?“ Kenny sah von seiner Arbeit auf und in Richtung seiner Frau. „Ein gewisser Steward Blackmoor, ein Notar. Aus Aberdeen“, las sie vom Briefumschlag ab.
„Und was will er von mir? schließlich kenne ich ihn nicht. Kann mir auch nicht vorstellen, was er von mir will. Und ausgerechnet ein Notar. Das kann nichts Gutes bedeuten. Mach ihn auf.“
Mit diesen Worten öffnete Sabrina den Umschlag. Kaum, dass sie die ersten Sätze gelesen hatte, setzte sie sich auf den ersten findbaren Stuhl. Kenny sah sie voller Entsetzen an, konnte aber an ihrem Gesicht erkennen, dass die Nachricht nicht schlimm sein konnte, denn seine Frau lächelte ihn an.
Voller Neugier brummte er sie etwas an: „Nun sag schon, was steht da drin?“
„Kennst du einen gewissen Roul Windscale?“ Sie wedelte sich, während sie ihn fragend ansah, mit dem Brief etwas frische Luft zu.
„Roul“ fieberhaft überlegte er, ob er diesen Namen schon einmal gehört hatte. Und während er so in seinen Gehirnwindungen nachsuchte, sagte er immer wieder diesen Namen vor sich her. „Roul...Roul Windscale? Nie gehört. Wer soll denn das sein?“ Er platzte fast vor Neugier. Er sprang von seinem Bürostuhl auf und riss ihr den Brief aus der Hand. Seine Neugier und Interesse war größer als sein Benimm.
Leise las er den Brief. Der Absatz, der allerdings als wirklich am interessantesten war, schrie er fast förmlich aus sich heraus, „teile ich Ihnen mit, dass Sie der alleinige Erbe von Roul Windscale Hinterlassenschaft sind. Zur weiteren Klärung des Sachverhaltes, bitte ich Sie, nach vorheriger telefonischer AbEnglisch, in meiner Kanzlei vorzusprechen. Mit freundlichen Grüßen und so weiter und so weiter.“
Kennys Atem ging schneller als üblich, durch das besonders schnelle Lesen.
„ Ich habe von jemand etwas geerbt, den ich nicht einmal kenne. Wie die Welt doch verrückt ist.“ Er führte fast einen Indianertanz vor Freude auf.
„Kenny.“
Seine Frau versuchte ihn zu bremsen.
„Kenny.“ Wurde sie etwas lauter. Doch noch immer vernahm sein Gehörgang nicht ihre Worte.
„Kenny!“ Schrie sie ihn laut an. Erst jetzt beruhigte er sich wieder.
„Was willst du denn mein Schatz? Etwa eine Zigarette?“ Kenny flachste vor lauter Freude herum. Ihm war zwar nicht klar, warum er so herumtobte wie ein Verrückter, aber da er noch nie etwas geerbt hatte, war dies schon Freude genug, auch wenn es nicht allzu viel sein sollte.
„Kennst du diesen, wie heißt es in dem Brief, ich glaube deinen Onkel wirklich nicht?“ Sie schaute ihn erstaunt an. Noch nie hatte sie ihn derart erlebt.
„Ich habe noch nie von diesem Onkel gehört. Das heißt, halt warte mal. Mein Vater hatte mir einmal erzählt, dass er einen Bruder hat. Wo der allerdings lebte, wusste er nicht, und Kontakt hatte er auch nicht zu ihm. Sie waren wegen einer Kleinigkeit einmal im Streit auseinander gegangen. Warum wusste er nicht einmal mehr. Das ist aber auch schon alles was ich von seinem Bruder weiß. Er hatte mir nicht einmal seinen Namen genannt...“ Seine Gedanken suchten in der Vergangenheit, ohne den Blick vom Brief zu nehmen.
„Wirst du anrufen?“ Leise fragte Sabrina bei Kenny nach und legte dabei ihren Arm um seine Hüften.
Ihre Blicke trafen sich. „Ja sicher. Auch wenn mir klar ist, dass bei dieser Sache nicht viel herausspringt, aber wir haben einen triftigen Grund mal ein paar Tage Urlaub zu machen. Ich glaube das tut uns beiden gut. Oder nicht?“
Sabrina schaute Kenny nur in die Augen und nickte. Schon seit längerem hatte sie ihn gebeten, mal wieder Urlaub zu machen, da er in letzter Zeit so unheimlich gestresst war. Und nun war sie froh
darüber, nicht dass sein Onkel gestorben war, aber dass er einen Grund hatte, mal ein paar Tage auszuspannen. Das war ihr wichtig.
Kenny überlegte nicht lange und nahm den Telefonhörer, wählte die Nummer vom Notar, der sich auch prompt am Ende der anderen Seite mit einer tiefen Stimme meldete: „Notariat Blackwood!“
Kenny meldete sich mit seinem Namen und dem Anliegen, weshalb er anrief. Er vereinbarte einen Termin und damit war das Gespräch auch schon beendet.
Sie hatten sich für den kommenden Montag um sechzehn Uhr bei ihm in der Kanzlei verabredet. Dies gab Kenny noch die Möglichkeit, verschieden Arbeiten zu erledigen, bevor er sich eine Woche, so jedenfalls hatte er seiner Frau versprochen, Urlaub nehmen wollte.
Die restliche Woche flog dahin, wie ein Düsenjet. Die Dinge, die Kenny unbedingt noch erledigen wollte, schaffte er zwar nicht alle, aber er war ansonsten mit sich und seiner Arbeit zufrieden, so
dass der Reise nach Aberdeen nichts mehr im Wege stand.
Beide machten sich am Montagmorgen auf den Weg, kamen nach einem nicht all zu langem Flug dort an, nahmen sich ein Zimmer in einer schön gelegenen Pension, setzten sich in ein Restaurant und nahmen hier die Mittagsmahlzeit ein. Nichts besonderes, aber für jemanden, der immer nur Hausmannskost isst, war es schon etwas anderes.
Die Zeit heute verflog nicht wie die vergangene Woche. Im Gegenteil. Durch die Neugier und Nervosität schienen die Minuten wie Stunden zu kriechen. Doch alles warten hat einmal ein Ende und so war die Zeit gekommen, sich beim Notar einzufinden.
Pünktlich wie die Maurer klingelten sie an seiner Haustür. Kenny, der auch nicht gerade zu den Armen des Landes gehörte, staunte bei dem Anblick des Hauses Dies Haus zu unterhalten, schließlich war es im altertümlichen Stil erbaut, und musste bestimmt auch so erhalten werden, war nicht billig. Alles hier war nur vom feinsten und besten. Es sah zwar schön aus, aber hier
musste man schon einen anders gefüllten Geldbeutel haben, um diesen Standard zu erhalten.
Es dauerte nicht allzu lange, als der Summer der Tür sich rührte. Die Tür sprang ohne weiteres Zutun von alleine auf. Kenny und seine Frau betraten die prunkvolle Halle. Am Ende der Halle führte eine Treppe nach oben, auf dieser kam ihnen ein etwas ergrauter Herr, die Hand vor sich her streckend, entgegen.
„Mr. und Mrs. Windscale, nehme ich an?“ Sein Grinsen im Gesicht wirkte schon übertrieben scheißfreundlich. Kenny konnte solche Menschen nicht leiden, die ihre übertriebene Freundlichkeit im Gesicht herumtrugen. Das natürliche war im lieber. Aber er machte gute Mine zum bösen Spiel und grinste auch über die Maße.
Kenny lief auf den Herrn zu und ohne ein Wort zu verlieren, nickte er nur zustimmend, während er dem Gastgeber seine Hand reichte, damit dieser sie wie einen schmutzigen Lappen anfasste. Es gibt nichts abscheulicheres, als einen kraftlosen Händedruck zu bekommen. Diese lasche fast nicht berühren wollende Begrüßung, war etwas, was
Kenny normalerweise auf den Absatz kehrt machen ließ. Doch Kenny wusste, er hatte hier etwas zu erwarten, wenn auch nicht viel, aber er wollte sich das, was der Notar zu sagen hatte, schon anhören.
„Folgen sie mir bitte nach oben, in mein Büro.“ Der Herr war mehr als kurz angebunden. Doch die Windcales dachten sich, was soll’s folgen, wir dem Herrn. Dass beide einer Meinung waren, was den Herrn betraf, zeigte sich in den Blicken, die sie sich zuwarfen. Sabrina verzog regelrecht das Gesicht, als sie hinter dem Herrn herlief. Ihr gefiel das affige Getue des Herrn ebenso wenig, wie ihrem Mann.
Alle drei nahmen sie Platz, nachdem ihnen Herr Blackwood eine Sitzgelegenheit angeboten hatte. „Ich möchte nicht lange drum herum reden, sondern gleich zum wesentlichen kommen. Ihr Herr Onkel, Roul Windscale, verstarb vorige Woche. Woran, ich glaube dies tut im Moment nichts zur Sache.“ Er dehnte die Sätze so, als wollte er Zeit schinden.
„Warum tut dies nichts zur Sache?“ Kenny wollte dies aber genauer wissen.
„Nun ja. Wenn sie darauf bestehen. Ihr Herr Onkel ist durch etwas ums Leben gekommen, ...“ Er stockte, suchte nach den richtigen Worten?
„Ist dies so schwierig zu sagen? Oder wollen sie lieber nichts sagen?“ Kenny war etwas ungehalten. Sein erster Eindruck von dem Notar, schien sich als richtig zu bestätigen. Am liebsten hätte Kenny seine Gedanken laut vor sich hergesagt, aber seine Erziehung verbat ihm dies.
„Nicht schwierig, würde ich sagen, aber er ist ermordet worden. Von wem, warum, keiner kann dies sagen. Die Polizei steht vor einem Rätsel. Vor allem wegen der Art und Weise auf die er ums Leben gekommen ist, tauchen mehr Fragen auf, als Antworten.“ Er drehte den Kugelschreiber bestimmt schon zum hundertsten Male zwischen seinen Fingern. Er zeigte, wie nervös er war.
„Was meinen sie mit der Art und Weise?“ Kenny war neugierig und irgendwie machten ihn die Andeutungen nervös. Schweiß drang aus seinen Poren.
„Na ja. Wie soll ich dies sagen? Ich habe den
Leichnam nicht gesehen. Ich kann ihnen also nur sagen, was ich von der Polizei her weiß.“ Der Notar stockte in seiner Erzählung und sah in Kennys Augen, als wollte er sich vergewissern, ob eine solche Information nicht zu hart für Kenny sei.
Nach einer Weile des Schweigens setzte er seine Erzählung fort. Er holte tief Luft und seine Stimme wirkte anders wie zuvor. „Sein Leichnam war zerstückelt. Er lag auf den Boden, seine Arme und Beine waren vom Körper abgetrennt. Sogar der Kopf soll sauber abgetrennt worden sein und wieder richtig an den Rumpf gelegt. Als man seinen Leichnam umdrehte, stellten sie fest, das Herz wurde ihm von hinten herausgetrennt. Doch warum dies alles ist unerklärlich.“
„Lag das heraus getrennte Herz auch wieder an seinem Platz?“
Kenny schüttelte es bei diesem Gedanken, wie sein Onkel auf dem Boden lag und alle Körperglieder waren vom Rumpf getrennt.
Vielen Dank für das Lesen dieser Probe, sie sind am Ende der Leseprobe angelangt.
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