Ralph Carree verließ sein Haus in die Tiefe kohlrabenschwarze Nacht. Lange feste Schritte trugen ihn auf dem Asphalt. Seine Gedanken waren klar, wie an einem strahlenden Sonnentag. Er forschte in seinem Gehirn nach, doch er musste sich eingestehen, so eine Nacht hatte er noch nie erlebt. Er sah nur ein Stück des Asphaltes vor sich und nichts an den Straßenrändern. Kein Strauch kein Baum und keine Blume. Nichts war in der tiefschwarzen Nacht zu erkennen. Nicht normal, dachte er bei sich, und warum lief er überhaupt diese Straße, von der er nicht einmal wusste, wohin sie führte? Er erkannte ja nichts um sich herum und so war er sich keineswegs sicher, wo er sich befand. Er war sich nicht einmal sicher, die Straße betreten zu haben, die vor seinem Haus vorbeilief. Doch warum war er hier, hier draußen in dieser warmen lauen Nacht? Warum hatte er sich überhaupt auf die Straße begeben? Er konnte sich dies nicht erklären und krampfhaft versuchte er seine Schritte wieder zurück in Richtung seines Hauses zu lenken. Doch seine Beine gehorchten ihm nicht. So sehr er sich auch bemühte, er konnte seinen Beinen nicht befehlen, stehen zu bleiben und umzukehren. Fieberhaft befahl er seinem Gehirn den rechten Arm zu heben, doch dieser
hing nur schlaff an seinem Körper herunter. Nichts konnte er seinem Körper befehligen. Angstschweiß trat auf seine Stirn. er spürte diesen Schweiß, wie sich eine Perle nach der anderen langsam einen Weg in Richtung Kinn bahnte. Sein Gehirn zermarterte sich, warum dies so war. Klar sagte er sich, dies konnte nur ein sehr realistischer Traum sein. Er hatte schon des Öfteren davon gehört, dass es Menschen geben soll, die so realistisch träumen, und nicht unterscheiden können, zwischen Realität und Traum. Ja so musste es sein. Und doch, kann man in seinen Träumen denken, dass es ein Traum ist, nicht die reale Welt, sondern nur ein Traum? Sicher nicht. Denn das Gehirn lässt sich im Traum von der Außenwelt bestimmt nicht beeinflussen. Aber was sollte es sonst sein? Seine Gedanken vermochte er klar zu denken, aber seinem Körper konnte er keinen einzigen noch so kleinen Befehl erteilen. Er drehte seinen Kopf zu Seite, aha dem Kopf kann ich Befehle geben, doch niemanden anders. Er sah um sich herum, doch nichts hatte sich verändert. Kein Baum, kein Strauch, keine Blume, kein Haus tauchten am Straßenrand auf. Nur der leere Asphalt, auf dem seine Schritte hallten. Doch Moment! Hallten sie wirklich? Er hörte wohl seine
Schritte, aber sie gaben nur einen dumpfen Ton von sich. Nichts hallte hier und auch sonst war es totenstill. Kein Vogel zwitscherte, kein Motorengeräusch war in der Ferne zu hören. Schluckte die Nacht alle Töne, die sich sonst hier versammelten? Wieder lauschte er seinen Schritten, aber außer einem dumpfen Knack gaben sie nichts her.
Wie lange mochte er schon hier gegangen sein? Die Straße führte immer nur geradeaus, doch er war sicher, solche Straßen gab es nicht, die immer nur geradeaus führten. Keine Kurve keine Biegung unterbrach den Fluss dieser Straße. Warum um Himmelswillen kann ich klar denken aber meinem Körper nichts befehligen? Angst stieg wieder in ihm auf, eine Angst, die versuchte seinen Brustkorb einzuschnüren. Und doch, nichts geschah. Er konnte weiterhin frei atmen, bekam Luft und doch drückte eine schwere Last auf seiner Brust. Sie versuchte seinen Brustkorb einzudrücken, hatte aber genauso wenig eine Chance, wie seine Beine seinen Befehlen zu gehorchen. Und doch die Angst blieb, sie wich nicht einen Zentimeter von seiner Brust. Was mache ich hier und was geschieht hier? Er besann
sich daran, eine Stimme zu besitzen. Tief holte er Luft und schrie in die schwarze Nacht hinein: „Hilfe.“ Doch seine Stimme ergab keinen lauten Klang. Er wollte die Zunge über seine Lippen gleiten lassen, da diese sich trocken anfühlten, doch er konnte weder sie noch die Lippen bewegen. Also, so schoss es ihm in den Sinn, hatte er seine Stimme nicht widerhallen hören können, weil er den Mund gar nicht geöffnet hatte. Aber er, er selber hörte sich doch schreien. Er hörte sich schreien rufen und reden, aber seine Lippen ließen keinen Laut über sich. Wieder versuchte er seine Stimme zu einem Schrei zu erheben, „warum hört mich denn keiner und warum will mir keiner helfen?“ doch seine Lippen blieben stumm. Er war nicht dazu fähig diesen den Befehl zu geben sich zu öffnen. Genauso wenig wie diesen verdammten Beinen sich endlich in die andere Richtung zu bewegen. Verzweiflung stieg in ihm auf. Nein so konnte kein Traum sein, dies geschah wirklich und Wahrhaftig. „Nur warum, verdammt noch einmal geschieht dies mit mir“, schrie er innerlich.
„Halt jetzt endlich deinen Mund“ dröhnte es. Wild warf er seinen Kopf herum, denn er war sich sicher, dies hinter sich gehört zu haben. Doch
außer der pechschwarzen Nacht sah er nichts. Da er noch immer nicht fähig war, seine Lippen zu bewegen, Moment, wenn er seine Lippen nicht bewegen konnte, wie zum Teufel konnte ihn dann einer hören? Denn geantwortet hat ihm doch jemand. Wieder drehte er seinen Kopf, um mit zusammen gekniffenen Augen in die Nacht zu stieren. Doch da war nichts, rein gar nichts, außer dieser verdammten Straße, auf der er gezwungen war, seine Schritte, die nicht widerhallten, zu lenken. Nein lenken dies tat ein anderer für ihn. Nur warum? Doch wer hatte ihn angesprochen, konnte dieser jemand seine Gedanken lesen? So musste es sein. Dieser jemand, wer auch immer dies war, war fähig seine Gedanken zu lesen, sie auch zu hören, sogar gut zu hören.
Er wollte es probieren. „Du Arschloch, zeige dich wenn du den Mut hast“ dachte er laut angestrengt. Während er seinen Kopf in alle Richtungen drehte, lauschte er in die Nacht. Doch es blieb still. Keiner antwortete ihm.
Plötzlich und unverhofft, stand er vor einem Haus. Eine schwere Eichentür versperrte ihm den Weg. Er sah, wie sich seine Hand zum Türknauf bewegte,
fieberhaft versuchte er es zu unterdrücken, es gelang ihm aber nicht, sie fasste den Knauf und drehte ihn. Seine einzige Hoffnung war, die Tür möge verschlossen sein. Doch da hatte er, wie in der bisherigen Zeit wieder kein Glück. Seine Hand schob die Tür langsam auf und seine Füße - verdammt! bleibt doch stehen! - betraten den dahinter liegenden Raum.
Im Raum war es sehr dunkel und doch konnte er verschiedene Einzelheiten ausmachen. Es war eine Diele, von der mehrere Türen abgingen. Am Ende dieser Diele erkannte er eine Standuhr, die langsam tickte. Seiner Meinung nach zu langsam, aber dies war ihm im Moment scheißegal. Was tat er hier, oder vielmehr, was sollte er hier tun?
Seine Schritte folgten dem Gang, der am Ende nach rechts führte, zu einer Treppe. Diese stieg er hinauf, und folgte auch hier wieder dem Gang. An der dritten Tür, rechts hielt er inne, drehte sich vor diese und fasste auch hier wieder den Knauf. Aufhören schrie er innerlich und seine Gedanken konzentrierten sich darauf, die Hand wieder wegzunehmen. Doch sie parierte ihm nicht. „Warum, du vermaledeite Hand gehorchst du mir
nicht?“
Die Tür wurde von seiner Hand aufgeschoben und er betrat den Raum. In diesem befand sich ein Schrank ebenso aus Eiche, wie alle Türen. Ein Bett, in dem eine Person lag, Diese lag ruhig atmend da. Sie schlief. Dies war deutlich zu erkennen.
„Nicht mehr lange.“ Wieder drang eine Stimme an sein Ohr, doch auch hier wieder konnte er weder jemanden sehen, außer der schlafenden Person. Und dass diese mit ihm nicht geredet hat, war im vollkommen klar. „Wer dann, wer verdammt noch einmal redet mit mir und wem verdanke ich diesen Besuch bei dieser Person?“ Doch die Stimme blieb stumm.
Langsam, ohne dies zu wollen, bewegte er sich auf die schlafende Person zu. Fieberhaft überlegte er ob er diese Person kannte, doch er gestand sich ein, weder dieses Haus noch die Person, die sich jetzt deutlich vor ihm abzeichnete, zu kennen.
Auf dem Nachttisch neben dem Bett, stand ein eiserner Leuchter, den seine Hand nun ergriff.
Panik stieg in ihm auf. Was hatte seine Hand vor? Er ahnte es und hoffte gleichzeitig, dass er sich irren mochte. Doch sie führte aus, was er vermutete. Der Leuchter krachte auf den Schädel der schlafenden Person. Nicht einmal oder zweimal, sondern immer wieder gab es den dumpfen Aufprall. Das Blut spritzte überall herum und immer wieder holte die Hand zum Schlag aus.
Nachdem Kopfkissen und Laken Blutüberströmt waren, der Leuchter mit Blut besudelt war, stellte seine Hand die Waffe wieder an deren Platz und seine Füße verließen den Raum. In der gleichen Gangart, wie er dieses Haus betreten hatte, verließ er es auch. Seine Schritte führten ihn wieder auf die Straße, doch wie es diesmal schien in Richtung nach Hause.
Seine Gedanken kreisten über dies eben Geschehene. War er wirklich fähig einen Menschen, den er nicht einmal kannte, den er noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte, einfach niederzumetzeln? War er dies wirklich, oder war dies nur ein Traum, der so realistisch war, als wenn er dies wirklich getan hatte?
Keine klaren Gedanken waren in seinem Gehirn mehr möglich. Er sah nichts und bemerkte nichts. Immer wieder erschien im Geiste das Bild vor seinen Augen, wie er den Leuchter hob und ohne Unterlass auf die schlafende Person einschlug. Immer wieder.
Er bemerkte am Rande, wie seine Hand wieder einen Knauf betätigte. Panik, Angst stieg in ihm auf, doch er sah nach vorne und bemerkte, wie er sein eigenes Haus wieder betrat.
Schnell ging er hinein, warf die Tür hinter sich zu und hockte sich hinter der Tür nieder. Was um Himmelswillen hatte er da getan?
Er hob seine Hand und besah sie sich genauer. An der Hand, bis zum Arm hinauf klebte Blut, Blut eines unschuldigen Mensch an ihm.
Er erschrak, denn erst jetzt bemerkte er, er war wieder Herr seines Körpers. Eiligst sprang er auf, rannte ins Bad, um die Spuren dieser Nacht abzuwaschen. Doch ließen sie sich abwaschen? Das Blut, welches sich auf fast allen Kleidungsstücken befand, dies ließ sich ja vielleicht noch abwaschen,
aber sein Gehirn ließ sich nicht reinigen. Mit diesen Gedanken musste er leben.
Er versuchte in dieser Nacht noch etwas Schlaf zu bekommen, doch er fand keinen Frieden. Ruhelos warf er sich in seinem Bett hin und her, bis der Morgen graute.
Er begab sich in die Küche, kochte einen Kaffee, bemerkte dabei, wie seine Hände zitterten. Eiligst faltete er die Hände, in der Hoffnung er könnte sie so beruhigen.
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