Job mit Begeisterung und Enthusiasmus. Alles was er anpackt, erledigt er für seine Firma zur vollsten Zufriedenheit. Dass er dabei ständig auf Achse, ist, hat ihn noch nie gestört. Manchmal fragte er sich, wozu er überhaupt eine Wohnung besitzt. Denn er ist seltener als drei, vier Tage im Monat zu Hause. Aber immer, wenn er nach Hause kam, freute er sich doch, mal wieder seine vertrauten vier Wände zu sehen, seine Füße auf den Tisch hoch zu legen, fünfe Gerade sein zu lassen und sich nur dazu aufzuraffen, wozu er Lust hat. Meistens faulenzte er nur herum, aber dies war auch sein gutes Recht. Wieder hatte er in einer Stadt in mehreren Läden einen guten Abschluss getätigt, stand am Bahnhof und wartete auf den nächsten Zug, der ihn weiter bringen sollte. All seine Kollegen fuhren mit dem eignen Auto von Stadt zu Stadt, aber er wollte dies nicht nutzen. Nicht, dass er kein Auto hätte, oder aber keinen Führerschein, nein dies war alles vorhanden. Und doch genoss er die Reisen mit dem Zug. Es gab nichts schöneres, als sich in ein Abteil zu setzten, gemütlich Zeitung zu lesen oder einfach nur aus dem Fenster zu schauen und die vorbei rasende Landschaft zu betrachten.
Er nutzte auch die Zeit im Zug, um seine Papiere, die er sonst am Ende einer Fahrt, zu Hause oder im Büro erledigen müsste, auszufüllen und sparte damit eine immense Zeit. Zeit, die er für andere Dinge, eventuell seine Hobbys, oder aber auch nur zum faulenzen, nutzen konnte.
Immer wieder sah er beim Betrachten der Landschaft, die am Zug vorbei flog, Gebäude, die ihn persönlich interessierten, und er sich vornahm diese zu besichtigen. Doch wenn er dann wieder weiterfuhr, war dies alles vergessen und vorbei. Er kam in der Regel nicht dazu diese Orte aufzusuchen, seine Arbeit lies ihn dazu wenig Zeit.
Sicher, manchmal nahm er sich die Zeit und begab sich dann zu diesen Gebäuden oder Aussichtspunkten und schnupperte in ihnen herum. Dann war er wieder zufrieden und machte sich an seine eigentliche Arbeit, dem Verkaufen von Parfüm.
Doch schon allein das Betrachten der Gebäude im vorbeifahrenden Zug, war Genugtuung für ihn. Dass er diese Gebäude von weitem sah und sich dann vorstellte, wie die Leute damals und auch
Heute darin lebten, diese Phantasie war für ihn ein besonderes Erlebnis und während er dann so träumte, vergaß er Raum und Zeit. Schon manchmal ist er dadurch zu weit gefahren, wenn er durch die Träumerei den Bahnhof verpasste, an dem er hätte aussteigen müssen. Aber es war ihm dann egal. Er stieg in den nächsten Zug, der ihn an die Stelle zurück brachte, an der er hätte aussteigen müssen.
Auch heute wieder freute er sich auf die Zugfahrt, stand an den Gleisen und wartete voller Sehnsucht auf den Zug. Die Dämmerung schlich langsam vom Horizont rauf und hüllte alles in die gleiche graue düstere Farbe ein.
Eigentlich wollte er hier in dieser Stadt übernachten, aber da die nächste Stadt mehr als zehn Stunden von hier entfernt lag, wollte er das Geld für ein Hotel sparen und dafür im Zug in seinem Abteil schlafen. So etwas hatte er schon des Öfteren gemacht, so sparte er sich nicht nur Geld, sondern auch Zeit und das sollte ihm nur recht sein.
Der Zug hatte wieder, wie schon zum x-ten Male
Verspätung. Nicht, dass Kurt so etwas aufregen würde, aber es war nicht gerade warm hier draußen und so würde er sich schon freuen, endlich in den Zug einsteigen zu können, um sich wieder aufzuwärmen.
Ein lauter Pfeifton kündigte den Schnellzug an. Mit einem Affenzahn schoss er in den Bahnhof ein, die Bremsen quietschten, als der Lokführer den Zug zum halten brachte.
Kurt kletterte in den Waggon, nahm das erst beste Abteil, und verschloss die Tür hinter sich. Ein Mann, tief versunken in einer Zeitung, saß bereits in diesem Abteil.
“Guten Abend.” Kurt wie immer höflich grüßte den Insassen. Doch er erhielt keine Reaktion, der Mann ignorierte ihn völlig. Kurt war ähnliches bereits schon gewöhnt. Manche der Mitreisenden hielten sich einfach für etwas Besseres und ließen sich nicht herab andere zu grüßen, obwohl einem der normale Verstand und Anstand dies gebot.
Kurt machte sich nichts daraus sondern setzte sich, ohne darüber nachzudenken wer sein
Gegenüber war, oder aber was ihn zu diese Reaktion veranlasste, auf dem Platz gegenüber, schlug seine Beine übereinander, stützte sein Kinn auf seine Hand und betrachtete, in der hereinbrechenden Nacht die Landschaft.
Das ertönen der Trillerpfeife kündigte die Abfahrt an. Mit kräftigem Ruck setzte sich der Zug in Bewegung. Langsam stapften die Räder los. Ein schweres zischen des Dampfes zeigte ihm, der Zug zog eine schwere Last hinter sich her. Aber er schaffte es doch endlich Fahrt zu bekommen.
Kurt ließ den heutigen Tag Revue passieren, als die Tür des Abteil aufgerissen wurde. “Die Fahrkarten bitte!” Dröhnte die Stimme des Schaffners durch den Raum.
Kurt zog die Fahrkarte aus der Innentasche seines Anzuges und beobachtete wie der Schaffner die Karte seines Gegenübers abstempelte. Dazu musste sein Gegenüber die Zeitung auf die Seite legen und nun konnte Kurt sein Gesicht sehen. Es war ein markantes Gesicht, mit tiefen Falten versehen. Nicht alt war der Mann, aber die Falten zeigten die vielen Sorgen und die Anstrengungen seines Lebens. Vielleicht waren ein Sorgenvolles
Leben die Reaktion dafür, sich nicht um andere zu kümmern und diese auch links liegen zu lassen.
Nachdem der Schaffner die Karte seines Gegenübers abgestempelt hatte, drehte er sich um, und verließ das Abteil. “Hallo Herr Schaffner, wollen sie meine Karte nicht auch abstempeln?” Doch vom Schaffner kam keinerlei Reaktion. Verdutzt sah Kurt auf seine Fahrkarte. Ihm war ja schon viel auf seinen Reisen passiert, aber dass ein Schaffner seine Karte nicht wollte, war zum allerersten Male da.
Er wusste im ersten Moment nicht wie er sich verhalten sollte. Darum fragte er sein Gegenüber: “Haben sie das jetzt verstanden?” Doch dieser reagierte immer noch nicht
“Hallo ich rede mit ihnen.” Kurt machte einen weiteren Versuch mit seinem Gegenüber zu reden.
Doch wiederum zeigte er keinerlei Reaktionen.
Verdutzt rieb sich Kurt seine Kinnspitze.
“Sie, entschuldigen sie bitte.” Kurt klopfte seinem
Gegenüber ans Knie. Und wieder reagierte dieser nicht. Sondern las einfach weiter in seiner Zeitung. Doch nun stellte Kurt fest, dieser Mann, hatte seit er die Zeitung las, noch nicht ein einziges Mal umgeblättert. Es musste schon ein sehr langer und interessanter Artikel auf dieser Seite stehen, wenn man so lange daran lesen konnte. Natürlich wäre auch die Möglichkeit gewesen, dass dieser Mann extrem langsam lesen würde. Aber dies sollte Kurt nicht stören.
Dass er aber auf die Aufforderungen von Kurt keinerlei Reaktionen zeigte war mehr als verwunderlich.
Und wieder rüttelte Kurt am Knie seines Gegenübers und wurde mit der Stimme etwas lauter. “Können sie nicht reden oder wollen sie nicht mit mir reden?”
Nichts geschah. Dass Ignoriert werden machte ihn wütend. Kurt schlug dem Mann die Zeitung aus der Hand und sprach ihn verärgert an: „sie sind ein ignorantes Arschloch. Sie könnten mir ja wenigstens eine Antwort geben, auch wenn sie mich vielleicht nicht leiden können, oder aber
allgemein ihre Mitmenschen.”
Sein Gegenüber hielt weiterhin die Hände oben, als wenn er noch immer die Zeitung in der Hand hielt. Aber eine Reaktion war auch jetzt noch nicht zu sehen. Was oder wer war sein Gegenüber nur für ein Mensch?
Starr blickte Kurts Gegenüber vor sich hin. Die Augen rollten dabei von Links nach Rechts, so als würde er die Zeitung tatsächlich weiter lesen. “Das gibt es doch nicht.” Brummelte Kurt. Das Verhalten des Menschen vor ihm, war mehr als befremdend.
Kurt stand auf, mit so einem Menschen war es ihm unmöglich weiterhin in demselben Abteil zu sitzen. Er ließ vorerst seinen Reisekoffer, den er zuvor ins Netz über sich gelegt hatte dort liegen, um sich nach einem anderen Abteil umzusehen, ob überhaupt noch eins frei war. Ferner wollte er nach dem Schaffner Ausschau halten und ihm die Fahrkarte zeigen. Er fühlte sich unwohl in der Haut, wenn diese Karte nicht abgestempelt wurde.
Kurt verließ das Abteil, schaute in den Gang nach Rechts und Links und lief dann den Gang Links
rauf. Kaum dass er auf den Gang hinaus getreten war, sah er einen anderen Mann der ihm entgegenkam.
Dieser lief genau in der Mitte des Ganges, während Kurt auf der Fensterseite lief. Als sie beide auf der gleichen Höhe waren, drückte sich Kurt vollends an die Wand des Zugwagens während der entgegenkommende keine Anstalten machte auf die Seite zu gehen. Kräftig rempelte er Kurt an, entschuldigte sich nicht einmal dafür sondern lief unbeirrt weiter.
„Danke schön!” Sagte Kurt zu ihm, aber auch dieser Mensch reagierte nicht.
„Fahren hier nur Arschlöcher und Idioten in diesem Zug?” Fragte Kurt laut. Doch der Mann zeigte wieder keinerlei Reaktionen. Lange starrte Kurt diesem Mann nach, bis dieser aus seinem Blickfeld verschwunden war. Sicher hatten ihn der eine oder andere schon mal ignoriert, oder aber übersehen. Aber wenn man die Menschen ansprach, so bekam man in der Regel doch eine Reaktion, aber hier? Kurt war mehr als nur irritiert.
Er ging den Gang weiter und sah in jedes Abteil hinein. Überall saßen Menschen, die entweder vor sich hin starrten oder aber mit geschlossenen Augen zurückgelehnt dasaßen. Dass die Menschen zum Teil schliefen, war mehr als nur Verständlich. Denn es war in der Zwischenzeit später Abend geworden und da konnte man sich das Recht nehmen Müde zu sein. Denn der eine kam bestimmt von der Arbeit, völlig erschöpft, der andere hatte vielleicht nur einen Ausflug gemacht und wollte nun nach Hause.
Es war schon interessant zu rätseln, wer macht was, wer kommt woher. Es gab die unterschiedlichsten Menschen in einem Zug. Die eine war vielleicht Verkäuferin, die andere nur Hausfrau und hatte ihre Freundin besucht, ein anderer war vielleicht Rechtsanwalt, oder gar Richter. So viele Menschen es auch gab, viele Berufe und Schicksale steckten dahinter. Und dies machte eine solche Zugreise erst interessant. Man konnte mit dem einen oder anderen in ein Gespräch kommen und erfuhr so das eine oder andere wichtige.
Vielen Dank für das Lesen dieser Probe, sie sind am Ende der Leseprobe angelangt.
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