„Cindy, wann gehen wir endlich mal in dem herrlichem Wald spazieren? Wir wohnen nun schon seit zwei Jahren hier und habe uns nicht einmal in der Gegend umgesehen.“
Paul sprach Cindy schon zum X-ten mal deswegen an. Doch von ihr kam wie immer keine Regung. Schweigend schaute sie in ihr Buch, welches sie mit den Augen geradewegs verschlang. Cindy war eine Frau, die es gemütlich am heimischen Herd liebte. Sie brauchte weder Partys noch eine schöne Gegend, um glücklich zu sein. Eine warme Stube, ein gemütliches Zimmer und hier und da ein schönes Buch zum lesen, dies alles reichte ihr. Ansprüche stellte sie keine. Doch für Paul war dieses Leben trist. Er brauchte mehr Aktion und vor allem wollte er immer wissen wo er wohnt. Doch alleine macht ihm dies keinen Spaß. Er war eher der Typ eines geselligen Kameraden. Doch mit seiner Frau hatte er, was diesen Punkt betraf, keinen guten Griff gemacht.
Vor fünf Jahren hatte er seine heutige Frau kennen gelernt. Damals war sie wie Feuer und Flamme. Immer unterwegs und dauernd in Aktion. Sie hatte, wie er damals immer sagte, Hummeln im
Hintern. Doch kaum waren beide verheiratet, änderte sich alles. Sie wollte nur eine ruhige Stube und er wollte vom Leben etwas haben.
Auch Pauls Bemühungen, Cindy davon zu überzeugen, ein Kind in die Welt zu setzten, fruchteten nicht. „Wozu soll ich Kinder bekommen? Es gibt genügend hungernde Kinder auf der Welt, da brauche ich nicht noch eins dazutun.“ Mit solchen und ähnlichen Antworten fertigte sie ihn immer wieder ab. Was er allerdings nicht verstehen konnte.
Doch was anderes konnte er tun, als ihr ihren Willen zu lassen, und seine eigenen Wünsche hinunter zu schlucken? Seinen Kummer, den ihm dies bereitete, konnte er nicht mit ihr offen bereden.
Doch das Schicksal meinte es eines Tages gut mit ihm. Seine Frau kam völlig aufgelöst nach Hause. Paul sprach sie daraufhin an. Voller Wut setzte sie sich in den Sessel und erzählte ihm, sie sei beim Frauenarzt gewesen und der habe festgestellt, sie sei schwanger.
Paul konnte nicht anders. Er sprang von seinem Stuhl auf und führte einen Freudentanz auf. Endlich hatte Gott seine Gebete erhört. Er war schon seit seiner Kindheit ein gläubiger Mensch. Und er vertraute immer auf Gott. Was diesmal wieder eine Bestätigung fand.
„Du brauchst hier gar nicht so zu tanzen. Ich habe dir immer schon gesagt, ich will kein Kind. Und dabei bleibt es.“ Und damit stand Cindy wieder auf und verließ den Raum.
Paul wusste, er durfte sie jetzt nicht mehr ansprechen. Dies würde nur wieder in einem Tobsuchtsanfall enden. Und diesen Anfällen ging er doch lieber aus den Weg. Denn sein Kopf war nicht aus Stahl, um die umher fliegenden Gegenstände abfangen und schadlos überstehen zu können. Also ließ er ihr erst einmal Zeit. Denn die benötigte sie.
Seit der Mitteilung des Frauenarztes, sind drei Monate vergangen. Cindy hatte sich mit dem Gedanken, ein Kind zu bekommen, angefreundet und ganz im Gegensatz zu früher, war sie voller Elan und Begeisterung bei der Sache.
Sie gab ihren Job auf um sich ganz auf das Kind vorbereiten zu können. Doch die Zeit, die sie dadurch zu Hause verbrachte, wurde ihr immer langweiliger. Sie suchte eine Beschäftigung nach der anderen. Bis sie eines Tages auf den Gedanken kam, sich einen Hund anzuschaffen. Von dieser Idee begeistert, willigte Paul sofort ein. Und beide begaben sie sich zu einem Tierheim, um sich dort nach etwas geeignetem umzusehen.
Es dauerte auch nicht lange und sie hatten einen dementsprechenden Hund gefunden. Warum Cindy ihn allerdings unbedingt Lore taufen wollte, konnte Paul nicht begreifen. Doch wie schon immer, gab er ihr nach und ließ Cindy ihren Willen. Seinen eigenen Willen beerdigte er auch diesmal wieder.
Von nun an machte Cindy viele Spaziergänge. Bedingt natürlich auch, weil der Hund nach Draußen musste. Nicht nur durch die Stadt lief sie, nein auch in dem nahe gelegenen Wald streifte sie umher.
An einem Sonntagnachmittag forderte sie Paul auf, mit ihr und dem Hund in den Wald zu gehen. Sie wollte gerne mal tiefer in ihn eindringen. Denn
bis jetzt war sie immer nur am Rande gelaufen, da sie sich in ihrem Zustand nicht weiter getraute.
Paul voller Freude, über die Verwandlung seiner Frau stimmte sofort zu und sie zogen sich an, schnappten den Hund und marschierten los. Es machte den beiden sichtlich Spaß, auf dem Weg in den Wald herumzualbern. Sie neckten sich gegenseitig und spielten nebenbei mit dem Hund. Sie hatten vor lauter Spaß gar nicht bemerkt, wie weit sie schon in den Wald hinein gelaufen waren.
Paul blieb wie angewurzelt stehen. Er schaute sich im Wald um, konnte aber nicht genau sagen, wo sie waren. Cindy machte dies nichts aus. Im Gegenteil, sie lachte wegen Pauls besorgtem Gesicht sogar. Ja, ihr Lachen klang gerade so, als wollte sie ihn auslachen. Doch zum Lachen war Paul nicht zumute. Er hatte ein beklemmendes Gefühl. Er wusste zwar nicht warum und woher es kam, aber es war da und breitete sich wie ein glühender Teppich in seinem Körper aus.
„Sei bitte mal still.“ Barsch fuhr er seine Frau an, die vor lauter Schreck, über das Verhalten ihres Mannes, tatsächlich schwieg. „Hörst du nichts?“
Leise sprach er weiter. Es klang schon eher einem Flüstern, als, dass er mit ihr redete. Sie streckte ihr Ohr weit in den Wald hinein und lauschte. „Nein, was soll ich auch hören?“
„Eben darum geht es mir. Man hört in diesem Wald nichts. Aber auch rein gar nichts.“ Besorgt schaute er sich die nähere Umgebung an, als sein Blick zu ihren Hund fiel. „Schau dir mal Lore an. Fällt dir daran etwas auf?“
Er zeigte auf den Hund und Cindy ging auf den Hund zu und betrachtete ihn genauer. Doch so sehr sie ihn auch anschaute, sie konnte nichts erkennen. „Schau doch mal auf seinen Schwanz und die Ohren. Auch an seinem Gesicht kannst du etwas sehen.“ Cindy betrachtete wieder den Hund genau. Nun fiel ihr auf, der Hund stand mit eingeklemmten Schwanz da. Seine Ohren waren angelegt und sein Blick wirkte traurig. Oder war dieser Blick eher darin zu deuten, dass er Angst hatte? So ganz genau konnte sie es nicht definieren.
„Hier stimmt irgendetwas nicht. Kein Vogel singt und auch sonst hört man keinerlei Geräusche, die
eigentlich typisch für einen Wald sind. Und Lore benimmt sich auch äußerst ungewöhnlich.“ Nein, Paul konnte sich auf diese Sache keinen Reim machen. Er verstand nicht, was hier in diesem und mit diesem Wald nicht stimmte. er wollte aus diesem Wald wieder hinaus. Er fühlte ich nicht wohl in seiner Haut.
Seine Frau konnte allerdings nichts Schlimmes daran finden. Für sie war der Wald ganz normal. Doch was sollte sie jetzt mit ihm streiten. Sie hatte Angst, er könnte noch einmal so reagieren wie zuvor. Sie kannte solche Reaktionen von ihm nicht. Und sie wollte nicht ausprobieren, wie weit er noch gehen würde. So beschloss sie, seiner Aufforderung nachzugeben und mit ihm den Wald zu verlassen. Dies musste auch der Hund verstanden haben. Er setzte sich sogleich in Trab und marschierte in eine bestimmte Richtung. Paul und Cindy folgten ihm, in der Hoffnung, er würde sie nach Hause führen.
Wie sich dann auch herausstellte, hatte Lores Orientierungssinn ihn nicht verlassen im Gegensatz zu Pauls. Er hätte in diesem Moment nicht mehr gewusst, aus welcher Richtung sie gekommen
waren.
Zum Glück hatten sie den Hund dabei.
Zu Hause angekommen, wurde Paul langsam etwas ruhiger. Er konnte sich selber nicht verstehen, warum er so derart in diesem Wald reagiert hatte. Er, der sonst immer so Naturverbunden war, empfand den Wald als eine Bedrohung. Eine Bedrohung, von der er nicht wusste, woher sie kam und warum. Für ihn stand nur fest, diese Stelle des Waldes war ihm nicht geheuer.
Langsam und Gedankenverloren zog er sich aus. Cindy, die hinter ihm stand betrachtete ihn nachdenklich. Was um Himmels Willen hatte diesen Wutausbruch bei ihm ausgelöst? Sie sah in ihm mit einem Male einen andern Mann, als den, den sie bis dahin gekannt hatte. Er machte ihr Angst. Eine teuflische Angst. Doch darüber mit ihm zu reden getraute sie sich nicht. Jedenfalls jetzt noch nicht. Später, wenn sich die ganze Sache wieder gelegt hatte, wollte sie ihn auf alle Fälle noch einmal darauf ansprechen. Aber jetzt empfand sie es als fehl am Platze.
Der Vorgang im Wald war für Paul schnell vergessen, für seine Frau allerdings nicht. Sie wollte sich nicht einfach damit abfinden, was da draußen geschehen war. Irgendetwas in ihr zog sie magisch zu dem Wald hin. Tagsüber wenn Paul bei der Arbeit war, ist sie noch ein paar Mal zu dieser Stelle hin gelaufen. Sicher, mit einem hatte Paul recht, an dieser Stelle gab es weder Tierlaute noch sonst irgendwelche Geräusche, die typisch für einen Wald waren. Aber Angst, nein Angst, wie Paul sie hatte, hatte sie nicht. Sie fühlte sich an dieser Stelle des Waldes wohl. Nur den Hund konnte sie nicht mehr mitnehmen. Immer wenn sie auch nur die Nähe des Platzes kam, sträubte er sich weiterzugehen. Er zog und zerrte an der Leine, sie hatte dann keine Chance mehr ihn zu halten. Also ließ sie ihn künftig zu Hause.
Auch an jenem Tag, als sie wieder einmal beschloss in den Wald zu gehen. Sie zog sich wärmere Kleidung an, denn draußen tobte ein heftiger Wind. Das Wetter war nasskalt. Eigentlich nicht typisch für die Jahreszeit. Schließlich war es Sommer und nur fünf Grad im Sommer, war für einen Sommer recht kalt. Doch das Wetter ließ sie nicht von ihrem Vorhaben abschrecken.
Schnurstracks lief sie in den Wald hinein und auf die Stelle zu, die sie in den letzten Wochen schon des Öfteren besucht hatte.
Diesmal hatte sie vor, die weitere Gegend um diesen Platz herum zu untersuchen. Irgendetwas in ihr sagte, es gäbe dort etwas. Etwas, von dem sie keine Ahnung hatte, dass sie aber magisch anzog. Sie hatte sich seit diesem ersten Besuch in diesem Wald auf eine merkliche Art verändert. Selbst Paul ist dies aufgefallen, obwohl er noch keinen Ton zu ihr gesagt hatte. Nein er wollte sie darauf nicht ansprechen. Warum auch? Als Bedrohlich für sie oder ihn, sah er die Sachlage nicht an. Er wollte einfach noch etwas abwarten, ob diese Veränderung für sie oder ihn zum Nachteil war. Sollte dies der Fall sein, dann wollte er mit ihr darüber sprechen.
Vielen Dank für das Lesen dieser Probe, sie sind am Ende der Leseprobe angelangt.
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