Xenia, stand in großen Buchstaben auf dem Schild über einer Eingangstür, die aus einem Holzrahmen bestand und in der Mitte vollkommen aus Glas war. Weiter stand geschrieben, Wahrsagen und Hellsehen durch Karten lesen, Handlinien etc. Karin, die mit beiden Füßen auf dem Boden stand, schmunzelte in sich hinein. Sie hatte schon manchen Schicksalsschlag erlitten, aber einen Wahrsager traute sie keinen Handbreit weit. Dazu war sie einfach ein zu starker Realist. Auch wenn sie schon manchmal daran gedacht hatte, was ihre Freundschaften mit Männern betraf, zu einem Wahrsager zu gehen, da sie schon etliche Bekanntschaften hatte, die allesamt immer wieder an Banalitäten zerbrachen, so verwarf ihr realistisches Denken dann immer hinterher wieder diesen Gedanken. Warum sollte, so dachte sie sich immer, ausgerechnet solch ein Mensch mir sagen können, ob es der richtige wäre oder nicht. Und so suchte sie weiter nach dem richtigen Mann, der ihre Bedürfnisse, ihre Sehnsucht nach Zärtlichkeit befriedigen konnte.
Lange sah sie das Schild noch an, doch dann schüttelte sie den Kopf und lief ihrer Wege.
Wieder waren ein paar Wochen ins Land gegangen, ohne dass sie diesen besagten Mann gefunden hätte. Sie wusste, solche Männer, die nicht nur an sich denken, die sich voll in die Partnerschaft stürzen, die sich dem Partner annahmen, ihn nicht nur als sexuelles Objekt benutzten, hingen nicht wie reife Früchte an den Bäumen. Diese Männer waren auch nicht auf normalem Wege zu finden, wie in einer Diskothek oder ähnlichem. Nein diese Männer musste man suchen wie die Stecknadel im Heuhaufen. Doch wo sollte man suchen?
Es klingelte an ihrer Wohnungstür, und ohne lange nachzudenken, lenkte sie ihre Schritte zur Tür um sie zu öffnen.
„Renate, oh das freut mich aber dich mal wieder zu sehen.“ Die beiden Frauen lagen sich in den Armen noch bevor ein anderer. Piep sagen konnte. Die beiden waren alte Schulfreundinnen, die sich von Zeit zu Zeit einmal sahen, um ihre Lebensgeschichten auszutauschen.
Renate betrat die Wohnung und beide machten sich in der Küche zu schaffen, in dem sie sich einen Kaffee kochten und Karin einen Kuchen aus
dem Gefrierschrank holte, ihn in die Backröhre steckte und ihn backen ließ.
Während der Kaffee durchlief und das Eis des Kuchens in der Backröhre schmolz, setzten sich die Beiden ins Wohnzimmer und erzählten sich wieder einmal gegenseitig ihre Geschichten, die sie in der letzten Zeit erlebten.
„Und weißt du das Neueste“ fragte Renate ihre Busenfreundin, die allerdings keine Ahnung hatte und deswegen mit dem Kopf schüttelte, „Ich ziehe um und weißt du wohin?“ Mit großen runden Augen, die voller Glück strahlten schaute Renate ihrer Freundin in die Augen.
Nein, Karin konnte sich nicht vorstellen, wohin ihre Freundin ziehen sollte. Sie machte ein verstörten Gesichtsausdruck, denn sie hatte Angst ihre Freundin würde noch weiter wegziehen, wenn nicht sogar ins Ausland. Denn Renate schwärmte immer wieder davon, einmal im Ausland, egal wo zu leben. Sie war immer eine begeisterte Person, für alles Ausländische gewesen. Und nun, da sie so freudestrahlend war, konnte sich Karin wirklich vorstellen, dass Renate einen Mann kennen gelernt
haben könnte, der ihr die Möglichkeit gab, im Ausland zu leben und zu arbeiten.
Doch sie war Renate noch eine Antwort schuldig und schüttelte abermals den Kopf. Im innersten hoffte sie allerdings, Renate würde nicht ins Ausland ziehen, denn sie liebte ihre Freundin über alles und wollte nicht ganz auf sie verzichten.
„Du kennst doch am Ende dieser Straße das alte Haus, in dem eine ältere Dame wohnt, sie bewohnt das ganze Haus allein. Oder?“ Wieder schaute sie voller strahlender Augen ihre Freundin an. Diese fing innerlich an zu zittern. Renate wollte doch nicht etwa damit andeuten, hier in ihre Nähe zu ziehen? Nein wenn dies war wäre, wäre sie überglücklich. Darum nickte sie eifrig mit dem Kopf, damit ihre Freundin weiter erzählen würde.
„Nun, diese Frau habe ich letztlich getroffen, und da ich hier in der Nähe endlich Arbeit gefunden habe, habe ich sie einfach, rotzfrech wie ich nun einmal bin gefragt, ob sie denn eine der freistehenden Wohnungen nicht an mich vermieten wolle. Und ohne lange zu überlegen hat sie ja gesagt.“ Karins ganzes Wesen schäumte schier
über vor lauter Glück. Und diese Gischt der Freude wollte sie auf ihre Freundin übertragen.
„Du ziehst in meine Straße? Ja... ja... ja, dann... dann“ Renate fing jämmerlich vor Freude an zu stottern, „können wir uns ja viel öfter sehen?“ Vor lauter Freude sprangen die Beiden aus ihrer Sitzgelegenheit auf und führten in dem sie sich die Hände reichten einen wahren Freudentanz auf. Ja beide waren glücklich darüber. Nun waren die langen Wartezeiten, bis sie sich immer wieder einmal sahen vorbei. Sie konnten sich jederzeit, wann immer es nötig war treffen und sich unterhalten. Sie benahmen sich wie zwei junge Teenager, die ihre erste Erfahrungen mit einem Jungen austauschten, und sich darüber freuten, wenn die andere bereits mehr erlebt hatte, wie sie selber.
Sonntagabend, in der schönsten Jahreszeit die es geben kann, dem August, saßen sich die beiden wieder einmal gegenüber und bevor Karin auch nur den Versuch starten konnte, von ihrem erlebten Wochenende zu erzählen, schnatterte Renate schon los. „Du ich habe da einen süßen Typ kennen gelernt. Das war allerdings schon am
Dienstag. Und bei dem bin ich mir sicher, er ist der richtige für mich. Aber der ist so was von süß, hilfsbereit und freundlich, du kannst dir das gar nicht vorstellen.“
„Aber woher weißt du denn, dass ausgerechnet der Typ der richtige für dich ist? Du weißt doch, bei den anderen, was weiß ich wie vielen, hast du doch auch jedes Mal gemeint, er ist der richtige. Wie kannst du dir nach ein paar Tagen wieder so sicher sein?“ Karin versuchte ihre Freundin, die ebenfalls schon viele Enttäuschungen, was Männer betraf, hinter sich hatte, zu bremsen. Denn Renate suchte ja ebenfalls solch einen Typ wie sie.
„Warum ich mir so sicher bin? Das ist ganz einfach. Du kennst doch sicher Xenia, die ein paar Straßen weiter ihren Laden hat?“
Sicher kannte Karin diese Xenia. Sie stand ja schon selber einmal vor diesen Laden und überlegte sie zu besuchen. Doch ihr Verstand riet ihr damals davon ab. „Du warst doch sicher nicht bei ihr und wenn glaubst du doch nicht an das was solche Menschen sagen. Das sind doch alles Scharlatane.“ Karin entrüstete sich darüber, sollte ihre Freundin
wirklich bei dieser Xenia gewesen sein?
„Sicher war ich bei ihr. Und so wie sie alles beschrieben hat..., sie wusste schließlich genausten über den Typ Bescheid, obwohl ich ihr nichts von ihm erzählt habe. Sie konnte ihn genau beschreiben, wie er aussieht, welche Haarfarbe er hat, wie groß er ist, ja sogar das Alter wusste sie. Also warum soll ich ihr nicht glauben. Wenn mir ein Mensch alles über einen sagen kann, obwohl ich ihm nichts erzählt habe, warum soll ich solch einem Menschen nicht Glauben schenken, dass er die Wahrheit sagt? Ich glaube, sie ist fähig, in die Zukunft zu sehen.“
Renate wurde innerlich etwas wütend auf Karin. Nur weil sie nicht an solche Menschen glaubt, weil sie noch keinerlei Erfahrungen gesammelt hatte und nur das glaubt, was ansonsten in den allgemeinen Klatschblättern steht, verurteilt sie solche Menschen.
„Geh doch einmal selber hin und du wirst sehen, mit dem was diese Frau sagt, trifft sie den Nagel genau auf den Kopf. Versuch es einfach einmal. Hinterher kannst du dann immer noch sagen, sie
hat keine Ahnung.“
Stille trat in den Raum. Die beiden Frauen sahen sich nur an, verloren aber im Moment kein einziges Wort. Karin war sauer und enttäuscht darüber, Renate in den Fängen eines solchen Menschen zu wissen und Renate war ihrerseits etwas sauer und Enttäuscht über Karin, die immer wieder leichtfertig andere Menschen verurteilte, ohne diese zu kennen.
Die Stille in dem Raum wirkte auf beide beängstigend. Die Gefühle, die sich im Moment breit gemacht hatten, wirkten auf die beiden abstoßend, und ob sie wollten oder nicht, Schluss- und letztendlich mussten beide wieder lachen. Sie konnten sich nie lange böse sein, dafür kannten sich die beiden zu gut und wussten wie man den anderen nehmen musste.
„Es tut mir leid, dich so zu verurteilen. Aber du musst auch meine Seite verstehen, ich bin nicht der Typ, der solchen Hellsehern, oder wie immer sie sich auch bezeichnen möchten, so ohne weiteres Glauben schenkt. Denn es gibt leider Gottes zu viele Scharlatane auf dieser Welt, die die
Not anderer ausnutzen, nur des Geldes wegen.“ Karin entschuldigte sich mit diesem Satz bei ihrer Freundin, denn sie wollte nicht durch eine solche Banalität ihre beste Freundin verlieren. Und schon manch andere Freundschaft ist aus weit geringeren Gründen zerbrochen. „Sicher verstehe ich dich. Und du weißt genau, ich traue auch keinem Menschen so schnell. Aber hier ist es etwas anderes. Xenia konnte mir Dinge sagen, von denen sie normalerweise keine Ahnung haben konnte. Und das war eigentlich das Ausschlaggebende, warum ich ihr Glauben schenke. Ich kann dir nur raten, probiere es einfach einmal aus. Hinterher bilde dir selber deine Meinung. Aber du musst dieser Frau ihre Chance geben, dir das Gegenteil zu beweisen. Und vielleicht hilft es dir ja auch. Wer weiß das schon?“
Die zwei waren wieder ein Herz und eine Seele. Sie konnten sich im Grunde nie echt böse sein. Dazu kannten sie sich zu lange und verstanden auch immer was der andere sagen wollte.
Sicher war Karin skeptisch und um des lieben Friedens willen und um weiteren Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen, änderte sie das Thema,
Der Rest des Abends verlief ruhig. Sie Englischn noch über dieses und jenes, schauten sich zum Schluss noch einen Film im Fernsehen an, bevor sich Renate dann von Karin verabschiedete, da ihr fast schon die Augendeckel zufielen.
Vielen Dank für das Lesen dieser Probe, sie sind am Ende der Leseprobe angelangt.
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